Weniger ist mehr

Maß statt Masse

Unsere Zeit scheint den Kampf der Extreme zu lieben. Das ewige „schneller, weiter, höher“ ist auch dort, wo es um Klang geht, unüberhörbar. Auf der einen Seite stehen diejenigen, die nicht glauben wollen, dass es überhaupt eine Raumakustik gibt. Auf der anderen Seite treiben passionierte Akustikfreunde das Spiel mit Absorberschaumstoffen zum Exzess. Glücklich werden beide nicht, denn die Vernunft liegt, wie so oft, in der Mitte.

Aber man wird doch noch träumen dürfen, oder? Zum Beispiel vom oft in HiFi-Kreisen beschworenen neutralen Hörraum mit maximal 0,2 Sekunden Nachhallzeit? Dass so etwas möglich ist, beweisen begeisterte Amateure gern, indem sie drei Wände, Decke und Fußboden erfolgreich in akustisch wirksame Flächen umarbeiten. So schafft man natürlich einen hundertprozentig „trockenen“ Raum ohne jeden Eigenklang. Dass unser Leben aber nicht nur aus Kontrollhören besteht, wird später klar: wenn Gespräche unbehaglich werden und selbst die Stille plötzlich wehtut. 

Niemand lebt gern nach Industriestandard. Wir haben von klein auf gelernt, unser Wohlbefinden aus der Gegenwart eines realen Raumes zu schöpfen. Wir wollen miteinander reden und uns entspannen können – und natürlich wollen wir auch anspruchsvoll Musik hören. Um daraus einen Einklang herzustellen, der langfristig glücklich macht, braucht es vor allem eins: Ohrenmaß.

Ein gut klingender Raum lebt von der Ausgewogenheit seines Schallfeldes. Dazu gehört nicht nur die Absorption von Schall, sondern auch „gewollte“ Reflektionen und ein glaubwürdiges Diffusschallfeld, das den Raum atmen lässt. Vieles davon übernimmt im Regelfall bereits die Einrichtung und Möblierung. Gekoppelt mit klugen und zielgerichteten akustischen Maßnahmen, entsteht die Mischung, die wir als ausgewogen empfinden. Der Raum erhält seinen Eigenklang, das Familienbudget wird geschont, und zum Schluss sind alle zufrieden: Klangfreunde, Ehepartner, Kinder und Besucher – und vielleicht sogar die Freunde aus dem HiFi-Forum!